Squalent arva

Anonymus

Lateinisch:

Squalent arva soli pulvere multo,
Pallet siccus ager, terra fatiscit,
Nullus ruris honos, nulla venustas,
Quando nulla viret gratia florum.

Tellus dura sitit nescia roris,
Fons iam nescit aquas, flumina cursus,
Herbam nescit humus, nescit aratrum,
Magno rupta patet turpis hiatu.

Æstu fervet humus, igneus ardor
Ipsas urit aves, frondea rami
Fessis tecta negant, pulvis harenæ
Sicco dispuitur Ore viantis.

Ventis ora feræ, bestia ventis,
Captantesque viri flamina ventis,
Ventis et volucres ora recludunt
Hac mulcere sitim fraude volentes.

Fetus cerva suos, pignora cerva,
Fetus cerva siti fessa recusat,
Fetus cerva pios mæsta relinquit,
Quæsitam quoniam non vehit herbam.

Venerunt iuvenes pocula noti
Quærentes putei, lymphaque fugit,
Et vasis vacuis tecta revisunt,
Fletus, heu, proprios ore bibentes.

Bos præsæpe suum linquit inane
Pratorumque volens carpere gramen
Nudam versat humum, sic pecus omne
Fraudatum moriens labitur herbis.

Radices nemorum rustica plebes
Exlplorat misero curva labore
Solarique famem cortice quærit
Nec succos teneros arida præstat.

Hanc peccata famem nostra merentur,
Sed mercem propriam, Christe foveto,
Quod culpa gravior, gratia maior
Iusti supplicii vincla resolvat.

Iam cælum reseres arvaque laxes
Fecundo placidus imbe, rogamus;
Eliæ meritis impia sæcla
Donasti pluvie, nos quoque dones.

Æterne genitor, gloria Christo
Semper cum genito sit tibi, sancto
Compar spiritui, qui Deus unus
Pollens perpetuis inclite sæclis.

Deutsch:

Das gefilde erstickt unter dem staube,
Dürre äcker sind fahl, bröckelnd der boden,
Nirgends zierden der flur, nirgends ist anmut,
Da kein winkel mehr blüht freundlicher blumen.

Trocken dürstet das land, kennt keine tropfen,
Noch kennt wasser der quell, strömung die flüsse,
Erde kennt keinen pflug, kennt keine kräuter,
Und geborsten steht ihr schmählich der schlund auf.

Glut durchsiedet den grund, feurige lohe
Selbst die vögel versengt, müden verweigert
Laubige deckung der baum, staubige körner
Speit aus trockenem mund schmachtend der wanderer.

Offen stehen des wilds mäuler den winden,
Menschen ringen nach luft, offen den winden,
Winden sprerren sich auf schnäbel der vögel,
Also ob dieser betrug lindre die dürste.

Ihren jungen den trank wehrt die erschöpfte,
Wehrt den lieblingen selbst müde die hinde,
Ihre lieblinge lässt traurig die hinde,
Da kein nährendes kraut sprosst in den gründen.

Knaben kommen heran, holen die eimer
Am vertrautesten born, trocken ist alles,
Und mit leerem Gefäss kehren sie heimwärts,
Eigne tränen nur, ach, trinken die münder

Es verlassen umsonst rinder die ställe,
Von den wiesen das gras gierig zu rupfen,
Nacktes land tritt der huf: auf seinen wiesen
Sinkt betrogen das vieh sterbend zu boden.

Und das ländliche volk sucht in den hainen,
Mühsam nidergebückt, wurzeln zu finden,
Sucht am sonnigen ast magere nahrung,
Doch den dürftigen saft weigert der dürre.

Diesen Mangel verdient unsere sünde,
Doch den eigenen preis, Christus, bewahre,
Dass bei grösserer schuld stärkere gnade
Der rechtmässigen pein fesseln uns löse.

Öffne himmel und land, dehne die schollen
Mit dem segnenden sturz, bitten wir flehend,
Durch Elias' verdienst hast du den heiden
Einstens regen geschenkt, schenk ihn auch uns nun!

Ewiger Vater, dir sei ehre mit Christus
Deinem Sohne allzeit, gleicher gestalten
Mit dem Heiligen Geist: einige Gottheit,
Starker, ewiger zeit mächtiger helfer.

Deutsch von Friedrich Wolters (1876 – 1930)

fontes

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Zweiter Teil, S. 132f.
Friedrich Wolters, Hymnen und Sequenzen, S. 33f.

scholia / marginalia

De Sterilitate Pluvii Hymnus
Hymnus bei Dürre

Hymnus aus der morarabischen Liturgie, der sich auch in Handschriften des ambrosianischen Ritus findet.

Mozarabische Hymnodie

"Weit bedeutender als die altirische Lateinpoesie ist die mozarabische Hymnendichtung, d.h. die in der mozarabischen Liturgie vorfindlichen Hymnen. Diese Liturgie, die sich von der römischen kaum weniger weit entfernt als die ambrosianische, wird bald die alt-spanische, bald infolge der Gotenherrschaft die gotische, endlich nach der Eroberung Spaniens durch die Araber (711) die mozrarabische genannt, d.h. die Liturgie der unter den Arabern wohnenden Christen. Isidor von Sevilla steht zu derselben in einem ähnlichen Verhältnisse wie Gregor der Große zur römischen Liturgie; beide haben aller Überlieferung zufolge auf die Umgestaltung derselben entscheidenden Einfluß geübt, ohne daß wir uns Rechenschaft darüber zu geben vermöchten, welches im einzelnen und besondern ihr Anteil an dem vor ihnen, durch sie und nach ihnen Gewordenen sein mag.

Die beiläufig 200 Hymnen, die wir aus alten mozarabischen Brevieren noch zu sammeln in der Lage sind, sind keineswegs das Produkt einer Zeit; es finden sich vielmehr unter ihnen solche, die sich durch ihre klassische Metrik als Kinder der altchristlichen Muse ausweisen, wieder andere, in denen die allmöchliche Überleitung von der metrischen zur rhythmischen Dichtung in die Erscheinung tritt, wieder andere endlich, in denen sich die ganze sprachliche Barbarei des zehnten Jahrhunderts offenbart. Bei einzelnen Lieder nennt das Akrostichon uns den Verfasser und weist so die Dichtung einer bestimmten Zeit zu; die übrigen könnte nur, mangels aller andern Nachrichten und Anhaltspunkte, ein eingehendes Studium der sprachlichen Eigentümlichkeiten in die vorerwähnten drei Gattungen aufteilen. Im Verhältnis zur römischen Liturgie muß die mozarabische als überaus reich an Hymnen gelten. Eigentümlich sind ihr eine ganze Reihe von Hymnen für besondere Ereignisse freudiger und unliebsamer Art, wie Hymnen zur Bischofsweihe, für den Geburtstag des Bischofes, für die Krönung des Königs, für seinen Geburtstag, für Hochzeiter, für den Ausmarsch des Heeres, für das Erntefest, für Trockenheit, für Wassersnot, für Kriegsläufte usw."

Guido Maria Dreves, Die Kirche der Lateiner in ihren Liedern. Kempten, München 1908, S. 43f.

Weitere mozarabische Hymnen:

metrum

Versmaß: Jede Strophe besteht aus vier katalektischen Asklepiadeen.

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