Saevus bella serit barbarus horrens

Anonymus

Lateinisch:

Sævus bella serit barbarus horrens,
Frendens bella furor semper acervat
Ac respergit ovans cæde recenti
Multa strage super lætus anhelans.

Terret continuo fervida bello
Gens effrena, suis vasta cataveris
Findens innumeris æquora ponti
Perturbat rigidis arvaque telis.

Vertit terga suis hostibus, ecce,
Diris ipsa cohors christicolarum
Ac per prona tremens invia perque
Turpi pulsa fugit fessa pavore.

Gens impune ferox milia vexat
Et crude lacerans milia truncat;
Lymphis lota sacris corpora fœdis
Passim nuda iacent tradita corvis.

Ædes inde sacras, templa dicata
Aras atque Deo sanctificatas,
Exsultans valido cuncta triumpho
Invadit spolians prædo superbus.

Urbes urit edax barbarus ignis
Communesque domos urit et almas;
Vinctos prædo senes ducit, ephebos,
Nuptas et viduas atque puellas.

Casum virgo ferum, virgo sacrata,
Casum virgo suum deflet amarum,
Amissumque dolet virgo pudorem,
Leti ferre volens virgo laborem.

Hoc peccata malum grande merentur
Vere nostra, Deus, plurima sancte,
Sed nunc suppliciter poscimus omnes
Iam clemens famulos aspice tristes.

Immensus penetret fletus Olympum,
Ascendatque pias clamor ad aures,
Moysi nam meritis Amalecitas
Iesus stravit agens nomine clarus.

Iesus, nate Dei cunctipotentis,
Virtus vera, salus summa labore,
Pax et certa quies ac decus omne,
Tu nunc esto tuis fautor alumnis.

Emptis parce tua morte, rogamus,
Instaurans animos pelle timorem,
Hostes comminuens sparge fugatos,
Pacis perpetuæ munera confer.

Laus et perpes honor, gloria patri,
Laus æterna tibi, gloria fili,
Una spiritui gloria sancto,
Sicut semper erat, nunc et in ævum.

Deutsch:

Grause kriege erregt wilder barbare,
Knirschend häuft seine wut kriege auf kriege,
Jauchzend spritzt er umher blutige morde,
Nach verwüstungen lechzt froh seine gierde.

Unaufhörlichen krieg schleudert sein tolles
Zügelloses geschlecht, spaltet die wogen
Mit unzähliger schar weiter gewässer,
Schreckt mit hartem geschoss friedliche fluren.

Ihrem schrecklichen feind wendet den rücken
die kohorte sogar christlicher kämpfer,
Zitternd durch das gestrüpp, niedergeschlagen
Durch die schmähliche furcht flieht sie ermattet.

Ungestraft jene schar tausende quälend,
Schlachtet tausende hin grausam sie metzelnd:
Die das heilige bad reinigte, dienen
Nackt am wege zum frass scheusslicher raben.

Heilige bauten sodann, tempel des friedens
Und altäre, die Gott einzig geweiht sind,
Bricht mit jubelnder lust alle der stolze,
Plündert voller triumph alle der räuber.

Mit gefrässiger gier zehrt des barbaren
Feuer städte und dorf,freundliche häuser,
Und gefesselt entführt greise und knaben,
Witwen, gattinnen er, liebliche mädchen.

Die nur Gott sich geweiht, grausames schicksal,
Bittres schicksal beklagt weinend die jungfrau,
Die verletzung der scham schmerzt die jungfrau,
Lieber qualvollen tod wünschte die jungfrau.

Unsre sündige lust hat das gewaltige
Übel wahrlich verdient, heiliger schöpfer,
Doch wir flehen dich an alle in demut,
Deinem traurigen volk zeige die milde.

(Unermessliches Wehklagen dringe zum Himmel,
und das Rufen steige zu gnädigen Ohren; der an
Namen berühmte Jesus streckte die Amalekiter
wegen der Verdienste des Moses nieder.)

Jesus, göttlicher sohn, sohn des allmächtigen,
Wahre die tugend, du heil, herrlich durch leiden,
Friede, sichere ruh, höchste der zierden,
Sei ein gnädiger herr deinen bekennern.

Deine diener verschon um deine leiden,
Dem erneuerten mut scheuche die ängste,
Unsern flüchtigen feind mindre und malme,
Uns verleihe die gunst ewigen friedens.

Stete ehre und lob, ruhm sei dem Vater,
Lob in ewigkeit dir, ehre dem Sohne,
Einige ehre mit dir Heiligem Geiste,
So wie immer es war, jetzt und in ewen.

Deutsch von Friedrich Wolters (1876 – 1930)

fontes

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Zweiter Teil, S. 133f.
Friedrich Wolters, Hymnen und Sequenzen, S. 36ff.

scholia / marginalia

Tempore Belli Hymnus
Hymnus zur Kriegszeit

Die neunte Strophe wurde von Friedrich Wolters nicht übersetzt. Es besteht der Verdacht, dass der Text dieser Strophe verderbt oder die Überlieferung desselben lücken- oder fehlerhaft ist.

 

"Dieser Hymnus findet sich merkwürdigerweise in keiner der uns erhaltenen mozarabischen Quellen, sondern nur in drei Handschriften des ambrosianischen Ritus. Dennoch dürfen wir ihn nach Analogie der Quellen der beiden vorangehenden Hymnen (Obduxere polum nubila, Squalent arva soli) zweifellos dem mozarabischen Ritus zuweisen und dies um so leichter, wenn wir bedenken, wie wenig liturgische Monumente der westgotischen Kirche uns erhalten sind. Außerdem ist eines der reichhaltigsten mozarabischen Breviere, die Londoner Handschrift Add. 30851, welche die vorhergehenden Hymnen bietet, gerade an der Stelle, wo dieser folgen mußte, defekt (fehlen zwei Blätter). Jedes Bedenken schwindet, wenn wir uns außerdem vergegenwärtigen, daß dieser Hymnus von demselben Dichter herrühren muß, wie die Lieder auf Wassernot und Wassermangel (Obduxere polum nubila, Squalent arva soli)."

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Zweiter Teil, S. 134

Mozarabische Hymnodie

"Weit bedeutender als die altirische Lateinpoesie ist die mozarabische Hymnendichtung, d.h. die in der mozarabischen Liturgie vorfindlichen Hymnen. Diese Liturgie, die sich von der römischen kaum weniger weit entfernt als die ambrosianische, wird bald die alt-spanische, bald infolge der Gotenherrschaft die gotische, endlich nach der Eroberung Spaniens durch die Araber (711) die mozrarabische genannt, d.h. die Liturgie der unter den Arabern wohnenden Christen. Isidor von Sevilla steht zu derselben in einem ähnlichen Verhältnisse wie Gregor der Große zur römischen Liturgie; beide haben aller Überlieferung zufolge auf die Umgestaltung derselben entscheidenden Einfluß geübt, ohne daß wir uns Rechenschaft darüber zu geben vermöchten, welches im einzelnen und besondern ihr Anteil an dem vor ihnen, durch sie und nach ihnen Gewordenen sein mag. Die beiläufig 200 Hymnen, die wir aus alten mozarabischen Brevieren noch zu sammeln in der Lage sind, sind keineswegs das Produkt einer Zeit; es finden sich vielmehr unter ihnen solche, die sich durch ihre klassische Metrik als Kinder der altchristlichen Muse ausweisen, wieder andere, in denen die allmähliche Überleitung von der metrischen zur rhythmischen Dichtung in die Erscheinung tritt, wieder andere endlich, in denen sich die ganze sprachliche Barbarei des zehnten Jahrhunderts offenbart. Bei einzelnen Liedern nennt das Akrostichon uns den Verfasser und weist so die Dichtung einer bestimmten Zeit zu; die übrigen könnte nur, mangels aller andern Nachrichten und Anhaltspunkte, ein eingehendes Studium der sprachlichen Eigentümlichkeiten in die vorerwähnten drei Gattungen aufteilen. Im Verhältnis zur römischen Liturgie muß die mozarabische als überaus reich an Hymnen gelten. Eigentümlich sind ihr eine ganze Reihe von Hymnen für besondere Ereignisse freudiger und unliebsamer Art, wie Hymnen zur Bischofsweihe, für den Geburtstag des Bischofes, für die Krönung des Königs, für seinen Geburtstag, für Hochzeiter, für den Ausmarsch des Heeres, für das Erntefest, für Trockenheit, für Wassersnot, für Kriegsläufte usw."

Guido Maria Dreves, Die Kirche der Lateiner in ihren Liedern. Kempten, München 1908, S. 43f.

Weitere mozarabische Hymnen:

metrum

Versmaß: Jede Strophe besteht aus vier katalektischen Asklepiadeen.

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