Salve, mundi salutare

Arnulph von Löwen (* ? – † 1150)

Lateinisch:

Salve, mundi salutare:
Salve, salve, Jesu chare,
Cruci tuae me aptare
Vellem vere, tu scis quare
Da mihi tui copiam.
Ac si praesens sis accedo,
Immo te praesentem credo.
O quam nudum hic te cerno!
Ecce tibi me prosterno:
Sis facilis ad veniam.

Clavos pedum, plagas duras
Et tam graves impressuras
Circumplector cum affectu,
Tuo pavens in aspectu,
Meorum memor vulnerum.
Grates tantae caritati,
Nos agamus vulnerati.
O amator peccatorum,
Reparator confractorum:
O dulcis pater pauperum!

Quidquid est in me confractum
Dissipatum, aut distractum,
Dulcis Jesu, totum sana,
Tu restaura, tu complana,
Tam pio medicamine.
Te in tua cruce quaero,
Prout queo, corde mero;
Me sanabis hic, ut spero:
Sana me, et salvus ero,
In tuo lavans sanguine.

Plagas tuas rubicundas,
Et fixuras tam profundas,
Cordi meo fac inscribi,
Ut configar totus tibi,
Te modis amans omnibus.
Dulcis Jesu, pie Deus,
Ad te clamo licet reus:
Praebe mihi te benignum,
Ne repellas me indignum
De tuis sanctis pedibus

Coram cruce procumbentem,
Hosque pedes complectentem,
Jesu bone, non me spernas,
Sed de cruce sancta cernas
Compassionis gratia.
In hac cruce stans directe,
Vide me, o mi dilecte,
Totum te ad me converte:
Esto sanus, dic aperte,
Dimitto tibi omnia.

Deutsch:

Sei gegrüßt, du Heil der Welt
Sei gegrüßt, mein lieber Jesus,
mach mich Deines Kreuzes würdig,
du weißt, daß ich das wirklich will,
gib mir von Deinem Überfluss.
Als ob du gegenwärtig wärest, trete ich heran
mit Gewissheit glaube ich, daß Du da bist,
O, wie schutzlos erblicke ich dich hier.
Sieh, ich werf‛ mich vor Dir nieder
sei geneigt mir zur Vergebung.

Die Nägel der Füße, die schlimmen Wunden,
die so tief hineingetrieben sind,
umfasse ich in Liebe
und bei Deinem Anblick
gedenke ich zitternd meiner Verwundungen.
Nur dank dieser großen Liebe
können wir Verwundeten bestehen.
O Du lieber Freund der Sünder,
du Heiler der Gebrochenen,
du liebster Vater von uns Armen.

Was an mir zerbrochen ist,
verzerrt oder zerrissen,
mache du, liebster Jesus, alles heil,
stelle es ganz und gar wieder her,
durch ein so gesegnetes Heilmittel.
Ich bitte Dich an Deinem Kreuz,
so aufrichtig ich irgend kann,
daß du mich hier heilst, wie ich erhoffe:
heile mich, und ich werde erlöst sein,
rein gewaschen in deinem Blut.

Deine rotgefärbten Wunden
und die tiefen Nagellöcher
laß in mein Herz eingeschrieben sein,
daß ich ganz zu dem Deinen werde
und Dich in jeder Weise liebe.
Liebster Jesus, guter Gott
zu Dir flehe ich wie ein Angeklagter:
zeige dich mir in Deiner Güte
und weise mich Unwürdigen nicht zurück
von Deinen heiligen Füßen

Ich werfe mich vor dem Kreuz nieder
und umarme diese Füße.
Guter Jesus, stoße mich nicht zurück,
sondern gewähre mir von dem heiligen Kreuz aus
die Gnade des Mitleids.
Nun stehe ich genau vor diesem Kreuz,
sieh mich an, du mein Geliebter,
wende Dich ganz zu mir hin,
und sage ohne Vorbehalt : Sei geheilt!
Ich erlasse Dir alles.

Deutsch von Michael Charlier

fontes

Oratio Rhytmica, pars I: Ad pedes
Zu den Details s. die Miszelle zur Oratio Rhythmica.

Hier die weiteren Teile:

Pars I: ad pedes: Salve, mundi salutare

Pars II: ad genua: Salve Jesu, rex santorum

Pars III: ad manus: Salve Jesu, pastor bone

Pars IV: ad latus: Salve Jesu, summe bonus

Pars V: ad pectus: Salve, salus mea Deus

Pars VI: ad cor: Summi regis cor, aveto

Pars VII: ad faciem: Salve, Caput cruentatum

 

scholia / marginalia

Die Textfassung folgt, wie in der Miszelle dargelegt, der Ausgabe von Migne. Dreves und Spitzmüller geben für die zweite Hälfte der 4. Strophe einen völlig verschiedenen Text:

Quisquis huc ad te accessit
et hos pedes cordi pressit,
aeger sanus hinc recessit,
hic relinquens, quidquid gessit,
dans osculum vulneribus.

Auf Deutsch:

Jeder, der hier zu Dir kommt,
deine Füße von Herzen umarmt
und deine Wunden mit Küssen bedeckt,
möge von seiner Schwäche geheilt weggehen
und hier zurücklassen, was er getan hat

Die beiden Versionen erscheinen inhaltlich und stilistisch gleichwertig, so daß wir ohne Bedenken bei der von Migne überlieferten Fassung bleiben konnten.

metrum

Migne gibt den „Rhythmus“ in der Gestalt von fünf Doppelstrophen wieder. Die Teilstrophen bestehen aus je vier trochäischen und einem jambischen Dimeter. Das Reimschema ist bei den Trochäen variabel und schwankt zwischen aaaac - bbbbc und aabbc - ddeec

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