Warum Kleinschreibung?

Geschrieben von: René Strasser Sonntag, den 26. Dezember 2010

Blogeintrag

Von einigen Besuchern unserer Seite wurde mit Erstaunen vermerkt, dass einige deutsche Übersetzungen Kleinschreibung aufweisen. Gerne erklären wir den Grund.

Friedrich Wolters (1876 - 1930), von dem diese stammen, gehörte zum George-Kreis. Für die Veröffentlichungen des Dichters Stefan George (1868 - 1933) und seines Kreises wurde seinerzeit, basierend auf der Stilschrift des Dichters, eine eigene Drucktype entwickelt (serifenlos, mit optisch gleichbleibender Schriftstärke); die Texte wurden in gemäßigter Kleinschreibung gesetzt (Versalien für Versanfänge, Eigennamen und andere Auszeichnungen). Einen triftigen Grund, dies hier zu ändern, gab es nicht. – Melchior Lechter (1865 - 1937) hat mehrere Ausgaben des Dichters wie des Kreises gestaltet und buchkünstlerisch betreut.

Erklärte Absicht des Kreises war es, das überkommene Erbe zu pflegen. Stefan George und Karl Wolfskehl (1869 - 1948) taten dies mit der dreibändigen Anthologie "Deutsche Dichtung" (1910), Friedrich Wolters mit "Minnelieder und Sprüche. Übertragungen aus deutschen Minnesängern des XII. - XIV. Jahrhunderts" (1909, 1922) und "Hymnen und Sequenzen aus den lateinischen Dichtern des IV. bis XV. Jahrhunderts" (1914, 1922).

Mögen gewisse Ausdrucksweisen etwas gewaltsam, manche Wortschöpfungen kühn und die Satzstellung bisweilen ungewohnt erscheinen, so dürfen seine Übertragungen dennoch füglich als Nachdichtungen bezeichnet werden, und solche sind im Bereich der lateinischen kirchlichen Dichtung leider ziemlich selten. Bei allfälligen Lese- oder Verständnisschwierigkeiten ist es hilfreich, seine Verse laut zu lesen, die sich dann in der Regel alsbald in ihrem Sinn und in ihrer Schönheit erschließen.

Die Übertragungen von Friedrich Wolters aus den lateinischen Dichtern der Kirche sind eine bedeutende künstlerische Leistung: "Einziges Werk dieser Art von dichterischem Rang." (Wolfram von den Steinen)

Das Bild von Friedrich Wolters fanden wir auf der Website des historischen Seminars der Universität Kiel, dort auch weitere Informationen zu seiner Person.