Othlo von St. Emmeram

Gelehrter und Poet  († um 1072)

„Othlo (auch Otlohe geschrieben) war in Oberbayern zu Anfang des elften Jahrhunderts geboren. Schon als Knabe kam er nach Tegernsee, wo er mit gleich großem Eifer als Erfolg die Kunst des Bücherschreibens erlernte, und von da nach Franken. In die höheren Wissenszweige führte alsdann die Hersfelder Schule ihn ein; namentlich fühlte er sich von den Klassikern, unter ihnen am meisten von Lucanus, angezogen. Durch Bischof Meginhard, der von seiner Kunst als Schreiber erfahren, erhielt er einen Ruf nach Würzburg und ein Kanonikat an der dortigen Kathedrale, entsagte indes 1032 der Welt und trat unter Abt Burkhard in das Kloster St. Emmeram zu Regensburg ein. Bald ward er mit der Leitung der dortigen Klosterschule und zwischen 1052 und 56 auch mit der des Stiftsdekanates betraut. Nachdem er dreißig Jahr im Kloster zugebracht, entzog er sich 1062 den Anfeindungen der jüngeren Ordensgenossen, indem er mit Genehmigung des Abtes Reginward sich in die Abtei Fuld begab. Vier Jahre weilte er dort, seine Zeit zwischen Verfassen und Abschreiben von Büchern teilend. Im Jahre 1066 nach Regensburg zurückberufen, begab er sich zunächst nach Amorbach und von da im folgenden Jahre nach St. Emmeram, wo er den 23. November 1072 (oder 73) verstarb. Vgl. über sein Leben B. Pez, Thesaurus Anecdot. III, p. 1 sqq. Monum. Germ. SS. XI, 376 sqq.

Die Schriften Othlos gehören teils der Hagiographie (Leben des hl. Wolfgang, des hl. Bonifacius, des hl. Magnus), teils der asketischen und mystischen Theologie an (Liber de tentationibus suis, Liber visionum u.a.). Siehe Migne PP. LL. 146, 10 – 422; Monum. Germ. SS. XI, 378 sqq. Seine religiösen Dichtungen und Lieder sind nach seinem eigenen Autogramm, den Münchner Handschriften Clm. 14490 und 14756, zusammengestellt, Anal. Hymn. L, 320 – 328.“

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 169

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