Aquilone pulso veni
Geschrieben von: Anonymus
Sequenzen
Anonym
Lateinisch:
Aquilone pulso veni,
Hortum, auster, flatu leni
Nostrum perfla cælitus,
Qui tuorum corde mundas,
Munda rigas et fecundas,
Veni, sancte spiritus.
Veni, lumen intellectus,
Fax amoris, pax affectus,
Informator operum;
Veni, doctor veritatis,
Veni, dator caritatis
Distributor munerum.
Te docente nil obscurum,
Te iubente nihil durum,
Te duce nil devium;
Si quid fœdat nos enorme,
Tui purgat septiforme
Roris beneficium.
Sapienti vere sapis,
Iste capit, quem tu capis,
Felix, qui te recipit;
Sano dulcis es palato,
Tu recepto, te gustato
Omnis caro desipit.
Ergo veni, lux iustorum,
Veni, pater orphanorum,
Veni cum muneribus;
Amor patris filiique,
Locum para, par utrique,
Nobis in cælestibus.
Lateinisch:
Nach des nordwinds wildem fauchen
Lass durch unsern garten hauchen,
Himmelssüd, dein lindes wehn!
Der der Seinen herzen reinigt
Und die reinen tränkt und einigt,
Heiliger Geist, hör unser flehn!
Komm, du fackel aller liebe,
Licht der einsicht, ruh der triebe,
Lehrer edler tätigkeit,
Komm, der wahrheit tiefster denker,
Komm, der güte reichster schenker,
Geber aller kostbarkeit!
Nichts ist dunkel, wenn du deutest,
Nichts zu hart, wenn du gebeutest,
Wenn du führst, kein weg zu steil.
Fleckt auf uns die grimme klaue,
Strömt mit deinem milden taue
Sühnend siebenfaches heil.
Weisen ist dein stein geschliffen,
Der begreift, den du ergriffen,
Selig, wer dich ganz erkor,
Du bist süss dem reinen gaumen,
Wer dich trank, zu dem beraumen
Glut und weisheit ihren chor.
Leuchte der im recht ergreisten,
Gütiger Vater der verwaisten,
Reiche deine gaben dar.
Du, dem Vater und dem Sohne
Gleich und ihrer liebe krone,
Nimm uns auf in deine schar.
Deutsch von Friedrich Wolters (1876 – 1930)
fontes
Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung II, S. 165f.
Friedrich Wolters, Hymnen und Sequenzen, S. 130f.
scholia / marginalia
In Festo Pentecostes Sequentia.
Sequenz zum Pfingstfest.
Diese sprachmächtige Sequenz ist nicht mehr in liturgischem Gebrauch.
"Aus einem reichen handschriftlichen Sammelbande lateinischer Dichtung der Zisterzienserabtei Kamp am Niederrhein (15. Jahrh.), jetzt zu Darmstadt. Das Lied steht dort unter einer langen Folge von Sequenzen, ist also, was Inhalt und From bestätigen, als Sequenz anzusehen. Vermutlich folgte es der Singweise der Sequenz Hodierna lux diei. Man darf wohl ohne Übertreibung sagen, daß diese kleine Sequenz dem berühmten Veni, sancte spiritus nahe kommt, sogar recht nahe."
Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung II, S. 166f.
metrum
Versmaß: Zwei dreizeilige Strophen in trochäischen Dimetern bilden eine Doppelstrophe mit dem Reimschema aab ccb.