Petrus Venerabilis

Abt von Cluny (* 1092/4 – † 1156)

Petrus, mit dem Beinamen der Ehrwürdige (Petrus Venerabilis), entstammte der adeligen Familie de Montboissier in der Auvergne. Sein Vater hieß Maurice, weshalb er auch Petrus Mauritii genannt wird, seine Mutter Ringarids. Seine Geburt fällt in das Jahr 1092 (oder 94). Zwei seiner Brüder, Dissutus und Eustachius, gehörten dem ritterlichen, vier dem geistlichen Stande an: Jordanus, Abt von Chaise-Dieu, Pontius, Abt von Vezelai, Armannus, Abt von Monlieu, und Heracleus, Probst von Brioude. Er selbst wurde infolge Gelöbnisses seiner Eltern in dem Priorat Soucilange erzogen und trat 1109 in noch jugendlichem Alter in die Abtei von Cluny ein, zu deren Abte er den 22. August 1122 gewählt wurde, erst dreißig Jahre alt. Nach Wiederherstellung der klösterlichen Zucht (1122), welche durch die Rückkehr des abgesetzten Abtes Pontius nochmals in Frage gestellt ward (1126), wurde der hervorragende Prälat eines so hervorragenden und einflußreichen Stiftes wie Cluny, welches selbst in Palästina Töchterklöster besaß, mehr und mehr in die Staat und Kirche bewegenden Ereignisse verwickelt, denen er sich nur zeitweise durch Flucht in die Einsamkeit zu entziehen vermochte. Bekannt ist der Streit, den der hl. Bernhard in seiner temperamentvollen Weise gegen den Abt und den Orden von Cluny erhob, aus dem aber der ruhigere und milde Petrus als moralischer Sieger hervorging; bekannt auch das gastliche Asyl, das er dem, am leidenschaftlichsten von Bernhard, verfolgten Abälard zuteil werden ließ. Er starb, nachdem er fünfunddreißig Jahre, vier Monate und vier Tage der Abtei vorgestanden, am Weihnachtstage des Jahres 1156.

BuchmalereiAußer zahlreichen theologischen Schriften und einer Sammlung von Briefen, welche für die Geschichte seiner Tage Quellenwert beanspruchen, hinterließ Peter der Ehrwürdige auch eine Anzahl religiöser Dichtungen. So berichtet ein auf ihn verfaßtes altes Epitaph (Migne PP. LL. 189, 42):

Tractatus scribens nec non volumina multa,
Sermones varios, dictamina prosa metroque,

d.h. er befleißigte sich sowohl der quantitierenden als auch der rhythmischen Dichtung. Eine Anzahl seiner Poesien werden uns in einer altenSynopse seiner Schriften (Migne l. c. 31) mit den Worten aufgezählt: Scripsit idem rhythmum in laude salvatoris (Anal. hymn. XLVIII, 244), rhythmum de sancto Hugone (ibid. 252), rhythmum de sancto Benedicto (scheinbar verloren), item rhythmum de resurrectione Domini (ebenso). Fecit hymnum in honore sanctae Mariae Magdalenae (ibid. 242), item alium hymnum in honore matris Domini (unbekannt). Fecit prosam de eadem virgine Maria gloriosa (ibid. 237, 238 oder 239).

Quellen für seine Dichtungen sind vor allem eine Handschrift von Anchin aus dem zwölften Jahrhundert (jetzt Douai 381), die nur seine und seines Sekretärs, Petrus von Poitiers, Werke enthält; dann ein Samnelband des Cluniacenser Priorats Saint-Martin des Champs im Paris, aus dem Ende des zwölften Jahrhunderts (jetzt Parisin. 17716), der uns Prosen unseres Autors mit deren Singweisen erhalten hat. Diese Quelle enthält auch eine Historia Transfigurationis mit dem Anfange Assumens Iesus Petrum et Iacobum und der Angabe: "A domno Petro Venerabili composita". Das Officium ist in Prosa geschrieben; die zu demselben gehörigen Hymnen aber O nata lux de lumine und O sator rerum, reparator aevi sind nicht von Petrus Mauritii verfaßt, da sie bereits in Handschriften des zehnten und elften Jahrhunderts nachgewiesen werden können. Die sämtlichen Dichtungen nun in neuer, verbesserter Ausgabe Anal. hymn. XLVIII, 233 - 253. Die Handschriften von Douai und Paris bieten uns zu mehreen Prosen des Abtes von Cluny auch die Singweisen. Einige derselben können von dem Dichter herrühren, der, wie wir von Petrus Pictaviensis erfahren, auch ausübender Musiker war:

Musicus, astrologus, arithmeticus et geometra,
Grammaticus, rhetor et dialecticus est.

(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 240f.

Eine bedeutende geistesgeschichtliche Leistung von Petrus Venerabilis ist die erste lateinische Übersetzung des Korans, die Petrus Venerabilis bei seiner Spanienreise von 1142 veranlasste. Mit der Übertragung wurden die Mönche Robertus Ketenensis (Robert von Ketton) und Hermannus Dalmata (Hermann von Dalmatien, Hermann von Carinthia, Hermann von Kärnten) sowie der spanische Arzt Petrus Alfonsi (Petrus Toletanus, Peter von Toledo) und Petrus Pictaviensis (Petrus von Poitiers), Sekretär von Petrus Venerabilis, beauftragt.

Petrus Venerabilis war aber nicht nur geistes-, sondern auch kirchengeschichtlich von großer Bedeutung. Leben und Wirken des Heiligen Petrus Venerabilis sind von Papst Benedikt XVI. in einer Katechese anlässlich der Generalaudienz vom 14. Oktober 2009 eingehend gewürdigt worden, in der er auch von der Abtei von Cluny spricht, von ihrer Würde und ihrem Glanz, "die vor allem in der Schönheit der Liturgie, dem bevorzugten Weg, um zu Gott zu gelangen, bewundert werden".

Sein Schüler Radulf (Rudolf), Abt von St. Trudo, hat das Leben von Petrus Venerabilis beschrieben, der am 25. Dezember 1156, an Weihnachten vor 855 Jahren, verstorben ist.

Literatur

Petrus Venerabilis. Max Manitius, Geschichte der Lateinischen Literatur des Mittelalter. Dritter Teil (Band). Vom Ausbruch des Kirchenstreites bis zum Ende des zwölften Jahrhundets. München 1931, S. 136 - 144

 

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