Iubar caelorum prodiens

In translatione s. Thomae Aquinatis - von Aldobrandini Ferrariensis

Lateinisch:

Iubar cælorum prodiens
Perlustrat hemisphærium,
Per solis iter gradiens
Sidus petit Hesperium.

Cum Oriente oritur
Decus et lux Campaniæ
Et in Tolosa conditur
Lustrans oram Hispaniæ.

Unde pater Dominicus
Sumpsit vitæ præconium,
Illuc doctor Italicus
Suum legit hospitium.

Altam profundens gratiam
Divina virtus corpori
Salutis efficaciam
Dat omni morbi generi.

Nam claudos reddit gressu
Leprosque munditiæ,
Vitæ redduntur mortui,
Maesti quoque lætitiæ.

Æterno regi gloriam
Lætis canamus vocibus,
Qui nobis præstet veniam
Beati Thomæ precibus.

Deutsch:

Die Sonne schreitet voran und
durchmisst die Hemisphäre der Himmel,
auf der Bahn der Sonne voranschreitend
strebt der Stern nach Westen.

Da im Osten die Zierde und
das Licht Kampaniens aufgeht,
wird er auch in Toulouse besungen,
wo er die Grenze Spaniens besucht.

Wo Vater Dominicus
den Preis des Lebens empfing,
erhält jener Gelehrte aus Italien
seine Herberge.

Die göttliche Kraft, die die höchste
Gnade über den Körper ausgießt,
verleiht die Kraft der Heilung
für jede Art von Krankheit.

Die Lahmen erhalten die Beweglichkeit
zurück und die Aussätzigen die Reinheit,
die Toten werden dem Leben zurückgegeben
und die Betrübten den Freuden.

Lasst uns mit frohen Stimmen
den Ruhm des ewigen Königs lobsingen,
der uns durch die Bitten des
glückseligen Thomas Verzeihung gewähre.

Deutsch von René Strasser

fontes

Analecta hymnica medii aevi LII. Thesauri hymnologici Hymnarium. Die Hymnen des Theasaurus Hymnologicus H.A. Daniels und anderer Hymnen-Ausgaben. II. Die Hymnen des 12. – 16. Jahrhunderts aus den ältesten Quellen neu herausgegeben von Clemens Blume. Leipzig 1909, S. 304 f.

scholia / marginalia

In Translatione s. Thomae Aquinatis - Ad Nocturnum.
Zur Überführung des heiligen Thomas von Aquin - Zur Nokturn.

Der Gedenktag der Überführung ist der 28. Januar. Die Hymne erscheint hier zum 650. Jahrestag der Überführung der Gebeine des heiligen Thomas von Aquin nach Toulouse.

Verfasst vom Dominikaner Aldobrandini Ferrariensis 1368 zur Translation der Gebeine des Thomas von Aquin am 28. Januar 1369.

In Toulouse wurde durch den hl. Dominicus der Predigerorden gegründet.

Zu Strophe 1: Per solis iter gradiens sidus petit Hesperium. Das Bild wird verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Sonne und Stern Attribute des heiligen Thomas von Aquin sind.

Zu Strophe 5: Anspielung auf Matth. 10, 5: Blinde sehen wieder und Lahme gehen. Aussätzige werden rein und Taube hören, und Tote werden erweckt, und Armen wird die frohe Botschaft gebracht.

Insgesamt hat Aldobrandini Ferrariensis aus Anlaß der Translatio drei Hymnen auf den hl. Thomas verfaßt:

 

Thomas von Aquin

Portrait des hl. Thomas

Predigermönch (* um 1225 – + 1274)

Thomas von Aquin erblickte das Licht der Welt zu Roccasecca, unweit von Aquino, wahrscheinlich zu Ende des Jahres 1225. Sein Vater Landolfo, Graf von Aquino, war langobardischer Abkunft, seine Mutter Theodora, eine geborene Gräfin von Theate, normannischen Blutes. Fünf Jahre alt ward Thomas zum Besuch der dortigen Schulen nach Monte Cassino verbracht, von wo er 1235 nach Neapel an die dortige Hochschule übersiedelte. Aber noch in demselben Jahre (nach andern erst 1243) nahm er das Kleid des hl. Dominikus. Aus Besorgnis vor dem Unwillen seiner Familie ward er von den Ordensobern nach Rom und weiter nach Paris verschickt, auf der Reise dahin aber bei Aquapendente von seinen Brüdern überfallen und auf Castello San Giovanni gefangen gesetzt. Nach Jahresfrist durch den Einfluß der Mutter der Freiheit zurückgegeben, ging er mit dem Magister generalis seines Ordens, Johannes Teutonicus, über Paris nach Köln, wo er Alberts des Großen Schüler wurde. Er begleitete diesen in der Folge nach Paris (1245), kehrte aber 1248 mit ihm an den Rhein zurück, unter seiner Leitung mit Vorlesungen für die studierenden Ordensgenossen betraut. Von 1251 an las er in Paris im Konvent Saint-Jacques über den Meister den Sentenzen, ward 1254 (oder 56) zum Lizentiaten promoviert und nach längerem Widerstande der Universität im Oktober 1257 in das Dozentenkollegium eingereiht. Im Jahre 1260, spätestens 61, verließ er aber Paris aufs neue und weilte teils in der unmittelbaren Umgebung des Papstes Urban IV., teils in verschiedenen Städten Italiens. Das Bistum Neapel, das ihm Clemens IV. angetragen, schlug er aus, wohnte 1265 dem Kapitel seines Ordens in Anagni bei und leitete 1269 – 71 die Schulen der Dominikaner in Rom; 1272 finden wir ihn wieder in Paris, 1274 in Neapel, von wo ihn Gregor X. zum zweiten Konzil von Lyon berief. Auf dem Wege dahin erkrankte er in dem Hause seiner Nichte Francesca von Ceccano zu Maënza und starb in dem nahegelegenen Zisterzienserstifte Fossa Nova den 7. März 1274. Johann XXII. versetzte ihn den 18. Juli 1323 in die Zahl der Heiligen.“
(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil. Leipzig 1909, S. 355f.)

Die Gebeine des Heiligen wurden am 28. Januar 1369 nach Toulouse in die Kirche des Dominikanerklosters Les Jacobins überführt.

Reliquienschrein des h. Thomas

Am 25. April 1567 ernannte Pius V. Thomas von Aquin zum Kirchenlehrer, als solcher trägt er den Ehrentitel doctor angelicus.

Dante deutet in der göttlichen Komödie (Purgatorio, XX, 69) an, dass Karl I. von Anjou für seinen Tod verantwortlich gewesen sei.

Herabkam Karl nach Welschland und – zur Buße
Ließ Konradin er sterben, schickte dann
Ins Paradies Sankt Thomas – auch zur Buße!

Deutsch von Richard Zoozmann,1863- 1934)

Nach anderer Überlieferung sei Thomas von einem Arzt, der dem König einen Gefallen erweisen wollte, vergiftet worden.

„Für die Hymnologie kommt Thomas von Aquin in Betracht als Verfasser des Offiziums für das Fest des Fronleichnams. Die Einführung dieses Festes war veranlaßt durch die Visionen der seligen Juliana von Mont-Cornillon bei Lüttich, welche sich dem Dominikaner Hugo und dem Erzdiakon Jacobus Pantaleon anvertraute. Ersterer ward bald darauf zum Kardinallegaten ernannt und führte das Fest zunächst im Lütticher Sprengel ein; letzterer ward 1261 Papst und dehnte das neue Fest 1264 auf die ganze Christenheit aus. Mit Abfassung des Officiums (Tageszeiten und Messe) betraute er Thomas von Aquin, der jene mit unvergänglichen Hymnen, diese mit einer unsterblichen Sequenz ausstattete. Außerdem stammt von ihm das tiefempfundene Adore te devote.“
(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil. Leipzig 1909, S. 355f.)

Literatur

Gilberth Keith Chesterton, Thomas von Aquin (verschiedene Ausgaben, manche auch mit anderem Titel oder Untertitel, zum Beispiel: Der stumme Ochse. Über Thomas von Aquin. Freiburg i.Br. 1960)

Josef Pieper, Hinführung zu Thomas von Aquin. Zwölf Vorlesungen. München 1958, 1963

Josef Pieper, Kurze Auskunft über Thomas von Aquin. Dritte Auflage. München 1963

Marie-Dominique Chenu, Thomas von Aquin. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1960 (rowohlts monographien)

David Berger, Thomas von Aquin und die Liturgie. Köln: Editiones Thomisticae, 2. verbesserte und erweiterte Auflage, 2000

Thomas von Aquin. Thomas-Brevier, lateinisch – deutsch. Zusammengestellt, verdeutscht und eingeleitet von Josef Pieper. München 1956

Thomas von Aquin, Gebete, lateinisch – deutsch. Auswahl und Übertragung von Willi Reich. Zürich 1962

Thomas von Aquin. Sentenzen von Thomas von Aquin. Deutsch von Josef Pieper. München 1965

metrum

Versmaß: ambrosianisch (metrum ambrosianum), akatalektische iambische Dimeter, anstelle der Iamben können an erster und dritter Stelle auch Spondäen und Anapäste stehen (vgl. Aldalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 9f.).

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