In festo S. Petri Coelestini Papae et Confessoris

Ioannes Georgius Bertram (* 1937)

Lateinisch:

Hymnus ad Laudes

Sulmonis astrum lucidum
Crucis refulgens gloria,
modestiaeque humillimae
exemplar insignissimum!

Te solitudo montium
rerumque contemplatio
mirabilis caelestium
amore Christi vulnerat.

Sed ecce! Cardinalium
vox uniformis personat
Vestinam ad urbem* te citans
summum in cacumen evehit.

At curialibus dolis
et aulicorum fraudibus
fastuque vanae gloriae
simplex dolebat cor tuum.

Et dignitatis pondere
te prorsus indignum ratus
regentis abdicas onus
sumens cucullam denuo.

Incarcerato vincula
fiunt requisitus specus,
quo pestibus potentiae
intactus exoptas mori.

Precando qui nos instruit
crucis mereri gloriam
mundi refutans praemium
caeli triumphum rettulit.

Quem ligna silvae concinunt,
nunc efferamus laudibus
cum Patre Verbum Spiritum
in Trinitate unum Deum!

* Aquila in Vestinis

Deutsch:

Hymnus zu den Laudes

Sulmonas leuchtendes Gestirn,
das hell im Glanz des Kreuzes strahlt,
demütiger Bescheidenheit
erlauchtes Vorbild, unerreicht!

Die Einsamkeit der Bergwelt war's,
der himmlischen Gefilde Schau,
die wundersam dein Herz ergriff
und Jesu Liebe eingebrannt.

Doch sieh! Der Kardinäle Ruf,
einstimmig gellt er wildniswärts,
zitiert dich zur Vestinerstadt*
und hebt dich auf den höchsten Thron.

Der Kurie Intrigenspiel,
des Hofgesindes List und Trug,
die Ruhmbegier, die kalte Pracht
betrübten dein einfältig Herz.

Der hohen Würde - Bürde war's! -
unwert erachtend ganz dich selbst,
wirfst ab des Herrscheramtes Last
und greifst zur Kutte du erneut.

Gefangenschaft und Kerker ward
zur lang vermißten Grotte dir,
wo unberührt vom Gift der Macht
gelassen du den Tod ersehnst.

Der betend uns des Kreuzes Ruhm
und Herrlichkeit verdienen lehrt,
den Lohn der Welt weit von sich weist,
empfängt dafür Triumph bei Gott.

Des Waldes Bäume preisen IHN,
so gelte IHM auch unser Lob,
dem Vater, Sohn, dem Heilgen Geist,
In drei Personen EINEM GOTT!

Deutsch von Hans Jürgen Bertram

fontes

Die lateinische Hymne wie auch die deutsche Übertragung derselben, die der Verfasser selbst vorgenommen hat, wird hier zum ersten Mal veröffentlicht.

Lateinische Hymnen des Verfassers sind auch in folgenden Veröffentlichungen zu finden: Ioannes Georgius Bertram (Hansjürgen Bertram), Hymnarium Suppletivum. Hymni sacri qui in Breviario Romano desunt. 2009

Weitere Hymnen mit deutschen Übersetzungen auch in:
Una voce-Korrespondenz 41 (2011), Heft 2, S. 197 - 204, Teil 1
Una voce-Korrespondenz 41 (2011), Heft 3, S. 275 - 286, Teil 2

Das "Hymnarium Suppletivum" ist beim Verfasser erhältlich (Preis Euro 8,00 plus Versandkosten): Hansjürgen Bertram, Leyler Weg 21, 56656 Brohl-Lützing

 

scholia / marginalia

Gedenktag des Heiligen ist der 19. Mai.

Die Hymne wird hier aus Anlass des 720. Todestages des Heiligen zum ersten Mal veröffentlicht.

Coelestin V. (Pietro di Morrone, Pietro Angelerio, 1209/15 - 19. Mai 1296) war Einsiedler und als Ordensmann Gründer des Coelestinerordens.

Er war Abt der Klöster Santo Spirito bei Sulmona, Santo Spirito in Sulmona, Santa Maria di Faifoli und San Giovanni in Piano. 1286 verzichtete er auf die Abtwürde und zog sich als Eremit ins Majella-Gebirge zurück.

Nach dem Tod von Papst Nikolaus IV. (1292) war es wegen der Machtkämpfe römischer Adelshäuser zu einer langdauernden Sedisvakanz gekommen - um sie zu beenden, wurde der in hohem Ansehen stehende Coelestin ins Spiel gebracht und am 5. Juli 1294 in Perugia tatsächlich zum Papst gewählt. Nach anfänglichem Widerstreben zog Coelestin am 28. Juli 1924 auf einem Esel in L'Aquila ein, wo er auch gekrönt wurde. König Karl II von Neapel ließ den in seinem Amt hoffnungslos überforderten 85-jährigen nach Neapel bringen, wo er ihn als Marionette zu halten gedachte. Coelestin, bezog dort eine Mönchszelle, da er das Leben im Palast ablehnte. Rom hat er nie betreten. Schon bald suchte er nach Rechtfertigungen für eine Amtsaufgabe, die dann nach kaum 5-monatiger Amtszeit auch tatsächlich stattfand.

Als Gerüchte von Coelestins Rücktritt ruchbar wurden, versammelte sich das Volk vor der päpstlichen Wohnung, um diesen zu verhindern. Am 13. Dezember 1294 dankte Coelestin ab und trat von seinem Amt zurück.

Einer Legende zufolge soll Kardinal Benedetto Caetani, der als Papst Bonifatius VIII. Coelestins Nachfolger wurde, den Rücktritt betrieben haben. Er soll nächtens durch ein Loch in der Wand des päpstlichen Schlafgemachs dem Ruhenden "Coelestin, danke ab!" zugerufen haben. Der Papst soll dies als Eingebung des heiligen Geistes verstanden haben, der er Folge leistete.

Bonifatius VIII. wollte Coelestin verwahren, da er ein Schisma befürchtete. Coelestin versuchte zu Schiff nach Griechenland zu entkommen, konnte aber nach einem Schiffbruch festgenommen werden und wurde im Castello di Fumone festgesetzt, wo er am 19. Mai 1296 verstarb. Er galt schon zu Lebzeiten als Heiliger und wurde am 5. Mai 1313 von Papst Clemens V. in Avignon heiliggesprochen.

Reinhold Schneider hat die Vorgänge um diesen Rücktritt in seinem Drama "Der große Verzicht" gestaltet. Es ist 1950 als Buch erschienen, wurde im Juli 1958 durch das Ensemble des Burgtheaters in Bregenz uraufgeführt (Ewald Balser, Ernst Deutsch, Hermann Thimig) und im September des gleichen Jahres auch in Wien auf die Bühne gebracht.

Als mehr als 700 Jahre später Papst Benedikt XVI. das Grab Coelestins besuchte und dort sein Pallium, das ihm nach seiner Wahl verliehen wurde, niederlegte, wurde dies als bedeutsame symbolträchtige Geste verstanden.

Die Voraussetzungen, einen Papst aus dem Amt zu drängen und ihn zum Rücktritt zu bewegen, sind sieben Jahrhunderte nach dem Rücktritt Coelestins zwar andere geworden. Einflüsterungen durch eine Spalte in der Wand wirken da geradezu harmlos.

Aber es fällt leicht Parallelen zu sehen, gezielte Indiskretionen aus dem Vatikan etwa, unkorrekte, verzerrte Berichterstattung durch die Medien, Kabalen einer vatikanischen Dunkelmänner-Camarilla, Geheimtreffen in St. Gallen. Man erinnere sich an die gehässigen Kommentare zur Ansprache von Papst Benedikt XVI. in der Aula Magna der Universität Regensburg vom 12. September 2006. Heute erweist sich diese Rede, wenn nicht als prophetisch, so doch als äusserst weitsichtig. Nicht von ungefähr wurde sie vom Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen am 18. Dezember 2006 zur "Rede des Jahres 2006" gewählt. Dabei stellte die Jury ausdrücklich fest, die Rede sei "gezielt missverstanden" worden. "Im Zeitalter religiöser Fundamentalismen bedeute die Rede 'eine höchst engagierte, argumentativ präzise und historisch gesättigte Ortsbestimmung christlichen Glaubens aus griechischem Geist' und sei 'in ihrer vielstimmmigen und doch geradlinigen Komposition meisterhaft gebaut'."

Die Medien, die sich einer sogenannten objektiven Informationspflicht verschrieben haben, wollten über diese Auszeichnung kaum mehr berichten.

Eine Rede übrigens, die der Papst aus den Pampas nicht hätte verfassen können, da ihm, wie seine Verlautbarungen immer wieder zeigen, schlicht die theologischen und kirchenhistorischen Voraussetzungen fehlen.

metrum

Versmaß: ambrosianisch (metrum ambrosianum), akatalektische iambische Dimeter, anstelle der Iamben können an erster und dritter Stelle auch Spondäen und Anapäste stehen (vgl. Aldalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 9f.).

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