Quem terra, pontus, aethera (Original)

Venantius Fortunatus (* um 540, † nach 600)

Lateinisch:

Quem terra, pontus, æthera
Colunt adorant, prædicant,
Trinam regentem machinam
Claustrum Mariæ baiulat.

Cui luna, sol et omnia
Deservimus per tempora,
Perfusa cæli gratia
Gestant puellæ viscera.

Mirantur ergo sæcula,
Quod angelus fert semina,
Quod aure virgo concipit
Et corde credens parturit.

Beata mater munere,
Cuius supernus artifex
Mundum pugillo continens
Ventris sub arca clausus est.

Benedictus cæli nuntio,
Fecunda sancto spiritu,
Desideratus gentibus
Cuius per alvu fusus est.

O gloriosa femina,
Excelsa super sidera,
Qui te creavit provide
Lactas sacrato ubere.

Quod Eva tristis abstulit,
Tu reddis almo germine,
Intrent ut astra flebiles,
Cæli fenestra facta es.

Tu regis alti ianua
Et porta lucis fulgida;
Vitam datam per virginem,
Gentes redemptæ, plaudite.

Deutsch:

Den Erde, Meer und Sternenkreis
Ehren, anbeten, predigen,
Dreifachen Weltbaus Oberherr,
Ihn birgt Marias Mutterleib.

Dem Sonne, Mond und alles Sein
Diensthörig sind von Zeit in Zeit,
Durchströmt von Himmelsgnadentau
Trägt ihn der Schoß der jungen Magd.

Die Jahrhunderte wundern sich,
Dass ein Engel Samen trägt,
Eine Jungfrau durch das Ohr empfängt
Und tief im Herzen glaubend gebiert.

Beglückte Mutter, reich beschenkt,
Den höchsten Weltbauherrn, der fest
Den Erdball händestark umspannt,
Dein Leib, als Arche, schließt ihn ein.

Durch Himmelsbotschaft gesegnet,
Fruchtbildend durch den Heiligen Geist,
Der Völker lange Sehnsuchtsglut
Ergossen dir im Schoße ruht.

O ruhmreiche Frau,
Erhoben überm Sternenzelt,
Der dich geschaffen weisheitsvoll,
Ihn nährest du an heiliger Brust.

Was Eva schmerzlich uns verscherzt,
Gibst du zurück im hehren Sproß:
Wer weinend sucht die Sternenbahn,
Zum Himmelsfenster wirst du ihm.

Du Tor der hohen Königspfalz
Und Pforte funkelndhellen Lichts,
Dem Leben, das die Jungfrau gab,
Erlöste Völker, jubelt laut.

Deutsch von Richard Zoozmann (1863- 1934) (ergänzt und bearbeitet)

fontes

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 41
Richard Zoozmann, Laudate Dominum. Lobet den Herrn. München 1928, S. 69ff.

scholia / marginalia

Hymnus Beatae Mariae Hymnus auf die glückselige Jungfrau Maria

Aus diesem Hymnus sind für den liturgischen Gebrauch (Breviarium Romanum) zwei Hymnen gebildet worden, und zwar der fast gleich beginnende, aber kürzere Hymnus Quem terra, pontus sidera; er wurde aus der ersten, zweiten, vierten und fünften Strophe gebildet, wobei das letzte Wort des ersten Verses der ersten Strophe sowie das erste Wort der fünften Strophe von benedicta zu beata verändert wurde. Für den liturgischen Gebrauch wurde diesem "neuen" Hymnus ferner eine formelhafte Schlussstrophe (Doxologie) angefügt.

Für den anderen "neuen" Hymnus O gloriosa Virginum wurden dem ursprünglichen Hymnus Beatae Mariae die sechste, siebte und achte Strophe entnommen, wobei der Anfang der ursprünglichen sechsten Strophe verändert wurde. Zudem finden sich in den ersten beiden Strophen weitere Abweichungen vom originalen Wortlaut. Für den liturgischen Gebrauch wurde dem "neuen" Hymnus ferner eine formelhafte Schlussstrophe (Doxologie) angefügt.

Richard Zoozmann übersetzt verschiedene „Divisiones“ und Redaktionen dieses Hymnus; daraus lässt sich eine Übersetzung des originalen Hymnus erstellen (vgl. Richard Zoozmann, Laudate Dominum. Lobet den Herrn, S. 69ff.).

metrum

Versmaß: ambrosianisch (metrum ambrosianum), aktalektische iambische Dimeter, anstelle der Iamben können an erster und dritter Stelle auch Spondäen und Anapäste stehen (vgl. Aldalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 9f.).

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