Salve, Iesu, rex santorum

Arnulph von Löwen (* ? – † 1150)

Lateinisch:

Salve, Iesu, rex sanctorum,
spes votiva peccatorum,
crucis ligno tanquam reus
pendens homo verus Deus,
caducis nutans genibus.
o quam pauper! o quam nudus!
qualis es in cruce ludus
derisorum totus factus,
sponte tamen, non coactus,
attritus membris omnibus!

Sanguis tuus abundanter
fusus, fluit incessanter,
totus lotus in cruore,
stas in maximo dolore,
praecinctus vili tegmine.
o majestas infinita!
o egestas inaudita!
quis pro tanta charitate,
quaerit te in veritate,
dans sanguinem pro sanguine?

Quid sum tibi responsurus,
actu vilis, corde durus?
quid rependam amatori,
qui elegit pro me mori,
ne dupla morte morerer?
amor tuus amor fortis,
quem non vincunt jura mortis:
o quam pia me sub cura,
tua foves in pressura,
ne morsu mortis vulnerer!

Ecce tuo pro amore,
te complector cum rubore:
me coapto diligenter,
tu scis causam evidenter,
sed suffer et dissimula.
hoc quod ago non te gravet,
sed me sanet et me lavet
inquinatum et aegrotum,
sanguis fluens hic per totum,
ut non supersit macula.

In hac cruce te cruentum,
te contemptum et distentum,
ut requiram, me impelle,
et hoc imple meum velle,
facturus quod desidero.
ut te quaeram mente pura,
sit haec mea prima cura.
non est labor, nec gravabor
sed sanabor et mundabor,
cum te complexus fuero.

Deutsch:

Sei gegrüßt Jesus, König der Heiligen,
du den Sündern versprochene Hoffnung,
am Holz des Kreuzes wie ein Verbrecher,
hängst du als Mensch, der wahrhaft Gott ist,
bebend und mit aufgeschlagenen Knien.
O wie armselig, o wie entblößt
bist Du an dem Kreuz, ein Schauspiel
der Spötter bist du ganz geworden;
aus eigenem Willen, nicht gezwungen,
zerschunden an allen Gliedern!

Dein Blut ist im Überfluss
vergossen, es fließt unaufhörlich,
ganz beschmutzt im Blutstrom,
stehst Du im höchsten Schmerz,
ganz mit schmählicher Hülle bedeckt.
O unendliche Majestät,
o unerhörte Not,
Wer für Deine große Liebe
Sucht Dich mit aufrichtigem Sinn auf
und gibt (sein) Blut für (Dein) Blut?

Was soll ich Dir zur Antwort geben,
da mein Tun wertlos, mein Herz verhärtet ist?
Was vergelte ich dem Liebenden
der erwählte, für mich zu sterben,
damit ich nicht des zweifachen Todes stürbe?
Deine Liebe ist die starke Liebe,
welche die Gesetze des Todes nicht besiegen
O wie sehr in deiner gütigen Fürsorge
hilfst du mir in meiner Bedrängnis, damit
ich nicht vom Biss des Todes verwundet werde!

Sieh, wegen Deiner Liebe
umarme ich dich mit Erröten:
Mit Vorbedacht habe ich mich an Dich gewandt,
Du siehst denGrund ganz klar zur Tage liegen
doch ertrage und verberge das!
Was ich tue möge dich nicht beschweren,
doch möge das alles überströmende Blut
mich der ich besudelt und krank bin,
heilen und reinigen,
damit kein Makel mehr übrig bleibe.

Dich an diesem Kreuz Blutenden,
Verachteten und Hingesteckten
möge ich suchen – dazu treibe mich an,
und gieße mir hier den Willen ein,
daß ich tun kann, was ich tun will.
Daß ich dich mit reinem Sinne suchen möge,
das sei meine erste Sorge.
Es ist keine Mühe und keine Beschwerung,
sondern heilen und reinigen,
wenn ich dich werde umarmen können.

Deutsch von Michael Charlier

fontes

Oratio Rhytmica, pars II: Ad genua
Zu den Details s. die Miszelle zur Oratio Rhythmica.

Hier die weiteren Teile:

Pars I: ad pedes: Salve, mundi salutare

Pars II: ad genua: Salve Jesu, rex santorum

Pars III: ad manus: Salve Jesu, pastor bone

Pars IV: ad latus: Salve Jesu, summe bonus

Pars V: ad pectus: Salve, salus mea Deus

Pars VI: ad cor: Summi regis cor, aveto

Pars VII: ad faciem: Salve, Caput cruentatum

scholia / marginalia

Weitere Informationen s. Miszelle zur Oratio Rhythmica.

metrum

Migne gibt den „Rhythmus“ in der Gestalt von fünf Doppelstrophen wieder. Die Teilstrophen bestehen aus je vier trochäischen und einem jambischen Dimeter. Das Reimschema ist bei den Trochäen variabel und schwankt zwischen aaaac - bbbbc und aabbc - ddeec

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